Hin und wieder kommt es vor, dass ich ein bereits lange laufendes Klageverfahren (manchmal sogar Berufungsverfahren) übernehme, das bisher von einem Sozialverband geführt wurde.
Diesmal ein Verfahren wegen einer Erwerbsminderunsgrente. Erstmal Einsicht in die Gerichtsakte genommen. Es gibt schon zwei Gutachten in der Akte, eines sogar auf Antrag des Mandanten (auf Empfehlung des VdK). Dieses Gutachten ist so schlecht, ich hätte fast lachen müssen, wenn es für den Mandanten nicht so fatale Folgen hätte.
Ich möchte hier gar nicht auf die Einzelheiten eingehen, was der Herr. Prof. Dr. xxx alles geschrieben hat. Seine „Untersuchung“ des Mandanten dauerte jedenfalls etwa 20 Minuten und der Mandant musste sich Dinge anhören wie, er solle einfach abnehmen und sich nicht so schlecht ernähren. Völlig an der Sache vorbei.
Im Gutachten wird tatsächlich trotzdem eine teilweise Erwerbsminderungsrente bestätigt. Hierzu nimmt die Rentenversicherung natürlich wie üblich Stellung, dass dies so nicht richtig sei.
Was schreibt hierauf der „Sachverständige“ (der den Mandanten ja eingehend untersucht haben sollte…) in seiner ergänzenden Stellungnahme ?
„Nach umfassender Durchsicht der gesamten Akte und aller Unterlagen ist die jetzt vorgelegte Stellungnahme der Frau … (Mitarbeiterin der Rentenversicherung) plausibel, nachvollziehbar und glaubhaft….können Störungen nicht objektiviert werden, so dass substanziierte Einwendungen gegen die Stellungnahme der Rentenversicherung gutachterlicherseits jetzt nicht vorgebracht werden“. → keine Rente !
Ich fasse mal zusammen:
Rentenversicherung: keine Erwerbsminderung ! Antrag abgelehnt !
Gutachter im Klageverfahren: ich habe den Mann untersucht, Erwerbsminderung liegt vor, gebt ihm die Rente !
Rentenversicherung: nein, stimmt ja gar nicht !
Gutachter: ach so ? Ja, dann doch nicht, also dann halt keine Rente.
Und dafür hat der Gutachter einen Vorschuss von 2.700,00 € kassiert !
Warum ich trotzdem kurz (etwas höhnisch, muss ich zugeben) lachen musste ?
Am Ende des kurzen und wirklich richtig schlechten Gutachtens wird zunächst über eine halbe Seite aufgeführt, in welchen wichtigen Gesellschaften und Gremien der Herr Prof. Dr. Mitglied ist, dahinter folgt dann über sieben Seiten hinweg in kleinster Schrift ein Literaturverzeichnis, aus dem sich 113 (!) höchst wichtiger und wissenschaftlicher Fundstellen der medizinischen Literatur ergeben…natürlich mit keinerlei Zusammenhang zum tatsächlich vorliegenden Gutachten und dessen Inhalt.
Nach dem Motto, egal wie schlecht mein Gutachten ist, Hauptsache es sieht wichtig und höchst wissenschaftlich aus. All das auf dem Rücken eines kranken Menschen, der um seine existenzsichernde Rente kämpft.
Entschuldigen Sie meinen Sarkasmus.
Mal sehen, wie wir das Ganze noch umbiegen können.