Jeder Einwohner der Stadt Kassel kann seit kurzem bis spätestens 30.04.2023 ein einmaliges Energiegeld in Höhe von 75,00 € pro Person beantragen, egal ob Erwachsener oder Kind. Die Auszahlung erfolgt auf Antrag relativ unbürokratisch durch die Stadt Kassel.

Die spannende Frage ist nun, ob dieses Energiegeld bei Beziehern von Jobcenter-Leistungen oder Sozialhilfe als Einkommen angerechnet werden muss und somit letztendlich in der “Staatskasse” landet.

Bei Ankündigung des Energiegeldes hatte der Kasseler Oberbürgermeister (soweit ich mich erinnere) noch recht vollmundig kundgetan, dass dieses Geld selbstverständlich nicht auf Sozialleistungen angerechnet werde. Nun wird es wieder anders dargestellt (Link weiter unten).

In der Realität rechnet nach meinen Informationen zumindest das Jobcenter das Energiegeld als Einkommen an. Wenn ein Leistungsbezieher dieses Energiegeld also von der Stadt Kassel erhält, muss er dieses nach Anrechnung als Einkommen an das Jobcenter erstatten, sodass das Energiegeld praktisch aus dem Budget der Stadt Kassel in das Staatssäckel des Bundes wandert. Der Bürger hat nichts davon.

Kann dies richtig sein?

Grundsätzlich sind Geldeinnahmen jeglicher Art anzurechnen. Ausnahmen gelten nur in bestimmten Konstellationen.

Über die Frage, ob das Energiegeld anzurechnen ist kann meiner Einschätzung nach mit sehr unterschiedlichen Argumenten gestritten werden.

So könnte man zum Beispiel argumentieren, eine Anrechnung des Energiegeldes stelle eine grobe Unbilligkeit bzw. eine besondere Härte dar, sodass eine Anrechnung zu unterbleiben hat. Entsprechende Rechtsnormen gibt es sowohl im SGB II (Jobcenter-Leistungen) als auch im SGB XII (Sozialhilfe).

So ist beispielsweise im monatlichen Regelbedarf ein Posten für den Haushaltsstrom enthalten, der aber so niedrig ist, dass die tatsächlichen Stromkosten in der Regel deutlich höher sind. Diese “Lücke” soll dann nicht einmal durch die einmaligen 75,00 € (sowieso nur ein Tropfen auf dem heißen Stein…) Energiegeld verkleinert werden dürfen ?

Sehr spannend finde ich auch, dass die Stadt Kassel selbst auf ihrer Internetseite auf eine grobe Unbilligkeit/Härte der Anrechnung verweist und dies als Rechtsauffassung des Magistrats der Stadt Kassel bezeichnet (www.kassel.de/eeg).

Mich würde nun wirklich interessieren, ob die Stadt Kassel als Sozialhilfeträger das Energiegeld als Einkommen auf die Sozialhilfe anrechnet und damit der eigenen Darstellung ihres Magistrats – so veröffentlicht auf der Homepage – widerspricht.

Sollten Sie also als Bürger der Stadt Kassel das Energiegeld erhalten und einen Bescheid des Jobcenter oder des Sozialamtes erhalten haben, nach welchem dieses Energiegeld angerechnet wird (vermutlich in Form einer Erstattungsforderung der Behörde), so empfehle ich Ihnen, gegen diesen Bescheid rechtlich vorzugehen.

Achten Sie dabei auf die Frist von einem Monat zur Erhebung eines Widerspruchs. Ich helfe Ihnen gern.

Zu dem ganzen hin und her ein Link zu einem Artikel der Lokalpresse. Den Inhalt halte ich an manchen Stellen für falsch bzw. diskutabel, aber er zeigt deutlich die Unsicherheit der Beteiligten hinsichtlich der rechtlichen Situation.

(https://www.hna.de/kassel/erneut-streit-um-energiegeld-kassel-91908401.html)

Wird das Energiegeld der Stadt Kassel auf Sozialleistungen angerechnet?