Nicht nur die Krankheitszeiten wegen seelischer Erkrankungen bei Arbeitnehmern nehmen den Statistiken zufolge immer mehr zu.

Auch in meiner anwaltlichen Praxis spielen psychische Störungen der Mandanten eine große Rolle. Gerade bei Verfahren wegen einer Erwerbsminderungsrente und wegen des Behindertengrades geht es sehr häufig um diese Thematik.

Der Grad der Behinderung im Bereich der psychischen Störungen reicht nach der Versorgungsmedizin-Verordnung theoretisch von 0 bei leichten Störungen bis 100 bei schweren Störungen, wie z.B.schweren Zwangskrankheiten.

Seelische Erkrankungen im weitesten Sinne treten in den verschiedensten Formen und Schweregraden auf. Auch chronische Schmerzstörungen haben nicht selten psychische Komponenten.

Häufig geht es in der sozialrechtlichen Praxis um die Bewertung des Schweregrades einer Depression oder einer Angst-/Panikstörung. Schätzt man diese als “leichtere Störungen” ein, so ist lediglich ein Behindertengrad von 0-20 vorgesehen. Für “stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis-und Gestaltungsfähigkeit” ist dagegen ein Grad der Behinderung von 30 oder 40 anzunehmen.

Kommen dann noch weitere (körperliche) Beeinträchtigungen dazu, ist insgesamt der Status einer Schwerbehinderung (Behindertengrad von mindestens 50) erreichbar.

Die Versorgungsämter stellen bei der Unterscheidung der leichteren von den stärker behinderten Störungen in der Regel formal darauf ab, ob der Betroffene eine psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung durchführt oder nicht. Wird keine Behandlung durchgeführt, so geht die Behörde in der Regel davon aus, dass maximal leichtere Störungen vorhanden sein können. So einfach ist es jedoch nicht.

Auch von der Rechtsprechung der Sozialgerichte wird dies durchaus anders gesehen. Es kommt auf die tatsächlich vorhandene Schwere der Beeinträchtigungen an und nicht unbedingt (nur) darauf, welche Behandlungen in Anspruch genommen werden.

Es gibt viele denkbare Gründe dafür, warum ein Mensch trotz eines erheblichen seelischen Leidensdrucks (noch) keine ärztliche oder therapeutische Behandlung in Anspruch nimmt.

Zum einen ist es heutzutage leider äußerst schwierig, überhaupt einen Behandlungsplatz zu finden. Monatelanges Warten und Hoffen auf Wartelisten sind mehr die Regel als die Ausnahme. Andere Menschen wiederum versuchen zunächst lange Zeit, ihre Probleme mit sich selbst auszumachen. Auch spielt eine vorhandene Hemmschwelle vor einer Behandlung eine Rolle („ich bin doch nicht verrückt”).

Menschen mit erheblichen seelischen Erkrankungen haben häufig nicht die Kraft, sich auch noch gegen Entscheidungen der Behörde zur Wehr zu setzen. So verbleibt es dann bei der möglicherweise fehlerhaften Festsetzung des Behindertengrades oder der Ablehnung der Erwerbsminderungsrente mit weiteren Folgeproblemen. Ein Teufelskreis.

Es kann sich jedoch lohnen, um sein Recht zu kämpfen. Lassen Sie sich helfen.

Grad der Behinderung bei psychischen Störungen

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