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Warum der Grad der Behinderung bei künstlichen Hüftgelenken wichtig ist

Wenn Sie aufgrund von Arthrose, Unfallfolgen oder anderen Erkrankungen zwei künstliche Hüftgelenke erhalten haben, stehen Sie vor vielen Herausforderungen. Neben der medizinischen Rehabilitation beschäftigt viele Betroffene die Frage nach dem Grad der Behinderung und den damit verbundenen Rechten.

Die Anerkennung einer Behinderung bei zwei künstlichen Hüftgelenken ist nicht nur eine formale Angelegenheit. Sie eröffnet Ihnen wichtige Nachteilsausgleiche, die Ihren Alltag und Ihr Berufsleben erheblich erleichtern können. Gleichzeitig ist das Verfahren komplex und erfordert fundierte Kenntnisse der rechtlichen Grundlagen.

Rechtliche Grundlagen der Schwerbehinderung

Das Neunte Sozialgesetzbuch (SGB IX) als zentrale Rechtsgrundlage

Die Anerkennung einer Schwerbehinderung richtet sich nach dem Neunten Sozialgesetzbuch (SGB IX). Nach § 2 Abs. 1 SGB IX sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist.

Schwerbehindert sind Menschen nach § 2 Abs. 2 SGB IX, wenn bei ihnen ein Grad der Behinderung von wenigstens 50 vorliegt. Der Grad der Behinderung wird nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen nach Zehnergraden von 20 bis 100 bemessen.

Die Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) als Bewertungsgrundlage

Für die konkrete Bewertung von Gesundheitsstörungen ist die Versorgungsmedizin-Verordnung maßgeblich. Diese enthält die „Versorgungsmedizinischen Grundsätze“, die detaillierte Anhaltspunkte für die Bewertung von Gesundheitsstörungen liefern.

2 künstliche Hüftgelenke Grad der Behinderung: Die Bewertungskriterien

Grundsätzliche Bewertung von Endoprothesen

Bei der Bewertung von künstlichen Hüftgelenken unterscheiden die Versorgungsmedizinischen Grundsätze zwischen verschiedenen Aspekten:

  • Einzelne Hüftendoprothese
  • Zwei künstliche Hüftgelenke: Die Bewertung erfolgt nicht durch einfache Addition der Einzelwerte. Stattdessen wird nach den Grundsätzen der Gesamtbewertung verfahren. 

Faktoren, die den GdB beeinflussen

Die Höhe des Grades der Behinderung bei zwei künstlichen Hüftgelenken hängt von verschiedenen Faktoren ab:

Funktionseinschränkungen:

  • Bewegungsumfang der Hüftgelenke
  • Gehstrecke ohne Pause
  • Notwendigkeit von Gehhilfen
  • Schmerzen bei Belastung
  • Stabilität der Prothesen

Begleiterscheinungen:

  • Muskelschwäche
  • Narbenbildung
  • Beinlängendifferenzen
  • Gangbild-Veränderungen
  • Nervenschädigungen
  • Sekundäre Wirbelsäulenbeschwerden

Komplikationen:

  • Lockerung der Prothesen
  • Infektionen
  • Luxationen (Ausrenkungen)
  • Notwendigkeit von Revisionsoperationen

Die medizinischen Gutachter berücksichtigen alle diese Aspekte in ihrer Gesamtheit. Dabei ist wichtig, dass nicht nur die technisch erfolgreiche Implantation, sondern die tatsächliche Funktionsfähigkeit im Alltag bewertet wird.

Praktische Tipps für Ihren Antrag auf Schwerbehinderung

Der richtige Zeitpunkt für die Antragstellung

Bei künstlichen Hüftgelenken sollten Sie nicht zu früh einen Antrag auf Anerkennung einer Schwerbehinderung stellen. Die Versorgungsämter gehen davon aus, dass sich die Funktion in den ersten Monaten nach der Operation noch verbessern kann.

Empfohlener Zeitpunkt: Frühestens 6 Monate nach der letzten Operation sollten Sie den Antrag stellen. Bei komplizierten Heilungsverläufen kann es sinnvoll sein, noch länger zu warten, bis sich die endgültige Funktionsfähigkeit stabilisiert hat.

Vollständige Dokumentation sammeln

Für einen erfolgreichen Antrag ist eine umfassende medizinische Dokumentation entscheidend:

Erforderliche Unterlagen:

  • Operationsberichte beider Hüftoperationen
  • Aktuelle Röntgenbilder oder MRT-Befunde
  • Entlassungsberichte aus der Klinik
  • Arztbriefe der nachbehandelnden Orthopäden
  • Befunde aus der Rehabilitation
  • Dokumentation von Komplikationen oder Folgeoperationen

Funktionsprüfungen: Besonders wichtig sind Befunde, die die tatsächlichen Funktionseinschränkungen dokumentieren, wie Ganganalysen oder Messungen des Bewegungsumfangs.

Antragstellung beim zuständigen Versorgungsamt

Der Antrag wird beim Versorgungsamt Ihres Wohnortes gestellt. Die meisten Versorgungsämter stellen die Antragsformulare online zur Verfügung oder senden sie auf Anfrage zu.

Wichtige Hinweise zur Antragstellung:

  • Füllen Sie alle Felder vollständig aus
  • Beschreiben Sie Ihre Beschwerden konkret und alltagsbezogen
  • Geben Sie alle behandelnden Ärzte an
  • Fügen Sie bereits vorhandene Befunde bei

Wenn Sie unsicher sind oder bereits einmal einen ablehnenden Bescheid erhalten haben, kann eine fachkundige Beratung durch einen auf Sozialrecht spezialisierten Anwalt hilfreich sein.

Checkliste: Vorbereitung Ihres Antrags

Vor der Antragstellung

  • Zeitpunkt prüfen: Mindestens 6 Monate nach der letzten Operation gewartet?
  • Unterlagen sammeln: Alle relevanten medizinischen Befunde vollständig zusammengestellt?
  • Behandelnde Ärzte informieren: Haben Sie Ihre Ärzte über den geplanten Antrag informiert?
  • Funktionseinschränkungen dokumentieren: Führen Sie ein Schmerztagebuch oder dokumentieren Sie Ihre täglichen Einschränkungen?

Bei der Antragstellung

  • Antragsformular vollständig ausgefüllt: Alle Felder bearbeitet und konkrete Beschwerden geschildert?
  • Ärzteverzeichnis vollständig: Alle behandelnden Ärzte mit Adressen angegeben?
  • Befunde beigefügt: Bereits vorhandene Unterlagen dem Antrag beigefügt?
  • Schweigepflichtentbindung erteilt: Für alle behandelnden Ärzte und Kliniken?

Nach der Antragstellung

  • Gutachten-Termin wahrnehmen: Falls erforderlich, Termin beim medizinischen Gutachter vereinbaren?
  • Bescheid prüfen: Bei Erhalt des Bescheids die Bewertung auf Plausibilität prüfen?
  • Widerspruchsfrist beachten: Bei unzureichender Bewertung binnen eines Monats Widerspruch einlegen?

Sollten Sie bei einem dieser Schritte Unterstützung benötigen, stehe ich Ihnen gerne mit meiner langjährigen Erfahrung im Schwerbehindertenrecht zur Seite.

Nachteilsausgleiche bei anerkannter Schwerbehinderung

Arbeitsrechtliche Vorteile

Mit der Anerkennung als schwerbehinderter Mensch (GdB mindestens 50) erhalten Sie wichtige arbeitsrechtliche Schutzrechte:

Besonderer Kündigungsschutz: Kündigungen bedürfen der Zustimmung des Integrationsamtes. Dies gilt sowohl für ordentliche als auch außerordentliche Kündigungen.

Zusatzurlaub: Sie haben Anspruch auf fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr.

Mehrarbeitsverweigerung: Sie können die Leistung von Mehrarbeit verweigern, soweit diese über die normale Arbeitszeit von acht Stunden täglich hinausgeht.

Zusätzliche Absetzungen: Fahrtkosten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte können unter erleichterten Bedingungen abgesetzt werden.

Weitere Nachteilsausgleiche

Öffentlicher Nahverkehr: Bei bestimmten Merkzeichen können Sie öffentliche Verkehrsmittel kostenlos oder ermäßigt nutzen.

Parkausweis: Unter bestimmten Voraussetzungen können Sie einen Parkausweis für Behindertenparkplätze erhalten.

Ermäßigungen: Viele kulturelle Einrichtungen, Schwimmbäder oder andere Freizeiteinrichtungen gewähren Ermäßigungen.

Die konkreten Nachteilsausgleiche hängen vom Grad der Behinderung und den zuerkannten Merkzeichen ab. Eine individuelle Beratung kann Ihnen aufzeigen, welche Vorteile in Ihrem speziellen Fall bestehen.

Widerspruch und Klage bei unzureichender Bewertung

Wenn der Bescheid nicht Ihren Erwartungen entspricht

Nicht immer entspricht die Bewertung des Versorgungsamtes den tatsächlichen Einschränkungen. In solchen Fällen haben Sie verschiedene Rechtsmittel:

Widerspruchsverfahren: Binnen eines Monats nach Zugang des Bescheids können Sie Widerspruch einlegen. Dieser sollte schriftlich erfolgen und gut begründet werden.

Klage vor dem Sozialgericht: Wird der Widerspruch abgelehnt, können Sie binnen eines Monats Klage vor dem zuständigen Sozialgericht erheben.

Erfolgschancen richtig einschätzen

Die Erfolgsaussichten hängen von verschiedenen Faktoren ab:

Günstige Faktoren:

  • Neue medizinische Befunde seit der ersten Begutachtung
  • Verschlechterung des Gesundheitszustands
  • Unvollständige Würdigung der Einschränkungen im ersten Verfahren

Weniger günstige Faktoren:

  • Keine neuen medizinischen Erkenntnisse
  • Bewertung liegt im üblichen Rahmen vergleichbarer Fälle
  • Fehlende Dokumentation der behaupteten Einschränkungen

Eine fachkundige Bewertung Ihrer Erfolgsaussichten kann Ihnen helfen, das weitere Vorgehen zu planen.

Ihre Rechte bei zwei künstlichen Hüftgelenken

Die Anerkennung eines angemessenen Grades der Behinderung bei zwei künstlichen Hüftgelenken ist ein wichtiger Schritt, um Ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu sichern. Sie können nicht nur finanzielle Vorteile, sondern auch wichtige arbeitsrechtliche Schutzrechte erhalten.

Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der sorgfältigen Vorbereitung Ihres Antrags und der vollständigen Dokumentation Ihrer Einschränkungen. Lassen Sie sich nicht durch einen ersten ablehnenden oder unzureichenden Bescheid entmutigen – oft führt ein gut begründeter Widerspruch zum Erfolg.

Bei komplexen Fällen oder wenn Sie sich unsicher fühlen, kann die Unterstützung durch einen erfahrenen Fachanwalt für Sozialrecht den entscheidenden Unterschied machen. Mit meiner langjährigen Erfahrung im Schwerbehindertenrecht helfe ich Ihnen dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und die Ihnen zustehenden Nachteilsausgleiche zu erhalten.

Häufig gestellte Fragen

Welchen GdB erhalte ich bei zwei künstlichen Hüftgelenken?

Der Grad der Behinderung bei zwei künstlichen Hüftgelenken liegt mindestens bei 20, oft auch höher, abhängig von der individuellen Funktionseinschränkung. 

Wann sollte ich den Antrag auf Schwerbehinderung stellen?

Sie sollten frühestens 6 Monate nach der letzten Hüftoperation den Antrag stellen. Zu diesem Zeitpunkt ist der Heilungsverlauf meist abgeschlossen und die dauerhafte Funktionseinschränkung beurteilbar.

Bin ich mit zwei künstlichen Hüftgelenken automatisch schwerbehindert?

Nein, die Schwerbehinderung ist nicht automatisch gegeben. Sie müssen einen Antrag beim Versorgungsamt stellen. Schwerbehindert sind Sie nur bei einem GdB von mindestens 50.

Welche Unterlagen brauche ich für den Antrag?

Sie benötigen alle relevanten medizinischen Befunde: Operationsberichte, Röntgenbilder, Arztbriefe, Entlassungsberichte und Dokumentationen über den aktuellen Funktionszustand.

Was passiert, wenn sich mein Zustand verschlechtert?

Sie können jederzeit einen Antrag auf Neufeststellung stellen, wenn sich Ihr Gesundheitszustand verschlechtert hat. Wichtig ist die Dokumentation der Verschlechterung durch aktuelle medizinische Befunde.

Kann ich auch bei einem GdB unter 50 Vorteile erhalten?

Ja, bereits ab einem GdB von 30 können Sie unter bestimmten Voraussetzungen schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden. 

Wie lange dauert das Verfahren beim Versorgungsamt?

Das Verfahren dauert in der Regel 3-6 Monate. Bei komplizierten Fällen oder wenn eine Begutachtung erforderlich ist, kann es länger dauern.

Was kann ich tun, wenn der Bescheid zu niedrig ausfällt?

Sie können binnen eines Monats Widerspruch gegen den Bescheid einlegen. Dieser sollte gut begründet werden und neue medizinische Erkenntnisse enthalten.

Muss ich zu einer Begutachtung?

Dies geschieht nur selten und wird von den Versorgungsämtern unterschiedlich gehandhabt. Insbesondere bei unklaren Fällen kann eine Begutachtung angeordnet werden.

Kann mir ein Anwalt bei dem Verfahren helfen?

Ja, ein auf Sozialrecht spezialisierter Anwalt kann Sie bei der Antragstellung, im Widerspruchsverfahren und vor dem Sozialgericht vertreten. Dies ist besonders bei komplexen Fällen oder nach ablehnenden Bescheiden sinnvoll.

5 weiterführende Links:

Rentenversicherung

Arbeitsförderung

Bürgergeld

Krankenversicherung

Ablauf eines sozialrechtlichen Verfahrens

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