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Einleitung: Warum der GdB bei Fußproblemen wichtig ist

Die Versteifung des Großzehengrundgelenks mag als kleine Einschränkung wirken, bedeutet für betroffene Menschen aber oft gravierende Veränderungen im Alltag. Gehen, Stehen oder sportliche Aktivitäten werden manchmal massiv eingeschränkt. Daher kann – nach entsprechender medizinischer und sozialrechtlicher Bewertung – die Feststellung eines Grades der Behinderung beantragt werden, der konkrete Nachteilsausgleiche und Rechtsansprüche ermöglicht.

Rechtliche Grundlagen der GdB-Bewertung

Die Bewertung des Grades der Behinderung erfolgt in Deutschland nach den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen, die als Anlage zur Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) erlassen wurden und deren Anwendung sich aus § 2 VersMedV ergibt. Diese Grundsätze beinhalten detaillierte Tabellierungen für unterschiedliche Krankheitsbilder und Funktionseinschränkungen.

Für Erkrankungen und Schäden der Wirbelsäule sowie der Gliedmaßen gibt es spezifische Kriterien. Dabei ist entscheidend, dass nicht die Diagnose, sondern die daraus resultierenden Alltagsfunktionseinschränkungen bewertet werden. Die wesentliche Frage ist also, wie sich die Versteifung des Großzehengrundgelenks auf Ihre Mobilität und Lebensführung auswirkt.

Der Grad der Behinderung wird grundsätzlich in Zehnerschritten von 20 bis 100 anerkannt, allerdings beginnen einige Skalen (wie beim Großzehengrundgelenk) auch bei 0 bzw. 10. Viele Nachteilsausgleiche stehen jedoch erst ab bestimmten Schwellenwerten offen (siehe unten).

Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen erfolgt keine bloße Addition der Einzelwerte. Stattdessen wird der Gesamt-GdB in einer Gesamtschau aufgrund der Auswirkungen auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bewertet. Verschiedene Funktionseinschränkungen können sich dabei auch gegenseitig verstärken.

Medizinische Grundlagen der Großzehengrundgelenkversteifung

Das Großzehengrundgelenk (Metatarsophalangealgelenk I) ist ein Schlüsselfaktor für die physiologische Abrollbewegung des Fußes. Bei jedem Schritt muss das Gelenk um ca. 60 bis 90 Grad nach oben bewegt werden, um einen normalen Gang zu ermöglichen.

Eine Versteifung dieses Gelenks kann durch Arthrose, Verletzungen, rheumatische Erkrankungen oder Fehlstellungen entstehen. Die medizinische Fachbezeichnung für vollständige Versteifung lautet „Ankylose“. Bei starker, aber nicht vollständiger Einschränkung spricht man von „Arthrofibrose“.

Durch die veränderte Mechanik kommt es typischerweise zu:

  • gestörtem Gangbild (fehlende Abrollbewegung),
  • kompensatorischen Überlastungen anderer Gelenke (Sprung-, Kniegelenk, Wirbelsäule),
  • generell verminderter Gehstrecke und geringerer Belastbarkeit,
  • Schwierigkeiten mit normalem Schuhwerk, sodass oft spezielle orthopädische Schuhe benötigt werden.

GdB-Bewertung bei Großzehengrundgelenkversteifung

Nach den aktuellen Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (Teil B Nr. 18.14 VMG) ist die Versteifung des Großzehengrundgelenks wie folgt zu bewerten:

  • In günstiger Stellung: Ein GdB von 0 bis 10 ist zu erwarten.

Eine höhere Bewertung für das einzelne Gelenk ist laut Rechtsprechung und Richtlinie praktisch ausgeschlossen. Nur wenn durch weitere orthopädische Probleme erhebliche Funktionsverluste bestehen, kann die Gesamtbewertung steigen. Aussagen wie „GdB bis 30″ für eine isolierte Versteifung des Großzehengrundgelenks sind daher falsch und juristisch nicht haltbar. Ein einzelner GdB von lediglich 10 hat jedoch keinen Einfluss auf die Höhe des Gesamt-GdB, so dass eine isolierte Großzehengrundgelenkversteifung bei der Gesamtbewertung häufig “unter den Tisch fällt”.

Entscheidend für die genaue Bewertung sind u.a.:

  • Grad der Bewegungseinschränkung und die Stellung des Gelenks bei Versteifung
  • dokumentierte Schmerzen – insbesondere bei Belastung und im Alltag
  • tatsächliche Auswirkungen auf das Gangbild und die Gehstrecke
  • eventuell bereits eingetretene Folgeschäden an Nachbargelenken

Versorgungsämter setzen bei Fehlen besonderer Beeinträchtigungen meist einen GdB von 10 an. Erfahrene Sozialrechtler wie Rechtsanwalt Alexander Grotha wissen, dass die Beurteilung oft unzureichend ausfällt, wenn die Funktionseinschränkungen nicht detailliert und nachvollziehbar dokumentiert werden.

Nachteilsausgleiche – Ab welchem GdB entstehen welche Ansprüche?

Die häufige Annahme, dass schon „ab GdB 20 gewisse Nachteilsausgleiche“ bestehen, ist unrichtig – zumindest in Bezug auf viele sozialrechtliche Leistungen. Im Einzelnen gilt:

  • GdB 20: Ab einem GdB von 20 besteht bereits Anspruch auf einen steuerlichen Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG. Sozialrechtliche Nachteilsausgleiche gibt es in diesem Bereich nicht, jedoch kann der Status für bestimmte (private) Versicherungen relevant sein.
  • GdB 30 oder 40: Ab einem GdB von 30 oder 40 kann auf Antrag und bei drohender Arbeitsplatzgefährdung eine arbeitsrechtliche Gleichstellung erfolgen, um z. B. Kündigungsschutz zu erlangen. Dies betrifft u. a. arbeitsrechtliche Schutzvorschriften, aber keinen eigentlichen Schwerbehindertenausweis.
  • GdB 50 und mehr: Ausstellung des Schwerbehindertenausweises, voller Kündigungsschutz, Zusatzurlaub, steuerliche Erleichterungen u. v. m.
  • Merkzeichen (wie G, aG etc.): setzen in der Regel einen GdB von mindestens 50 und spezifische funktionale Einschränkungen voraus.
  • Steuerliche Erleichterungen: Steuerliche Erleichterungen nach § 33b EStG sind bereits ab einem GdB von 20 möglich; die Höhe der Pauschbeträge richtet sich gestaffelt nach dem Grad der Behinderung. Weitere Steuerbegünstigungen, wie erhöhte Freibeträge, sind bei bestimmten Merkzeichen oder einem höheren GdB möglich.

Typische Probleme bei der Antragstellung

Viele Anträge scheitern an unvollständigen medizinischen Nachweisen oder an einer zu pauschalen, nicht alltagspraktischen Beschreibung der Einschränkungen. Wichtig ist, neben Diagnosen immer auch die täglichen Auswirkungen detailliert zu schildern: Welche Gehstrecken sind noch möglich, wie oft werden Pausen benötigt, welche Aktivitäten sind unter Schmerzen gar nicht mehr ausübbar?

Auch aktuelle und aussagekräftige ärztliche Unterlagen (z.B. Röntgenbilder, Befundberichte vom Orthopäden oder Unfallchirurgen) sollten unbedingt beigefügt werden – idealerweise ergänzt durch eindeutige Feststellungen zur Stellung des versteiften Gelenks und zur resultierenden Funktionseinschränkung.

Die konsequente Dokumentation von Schmerzen, z.B. in Form eines Schmerztagebuchs, erleichtert die objektive Beurteilung erheblich. Auch ärztliche Verordnungen orthopädischer Hilfsmittel und die Nachweise der damit verbundenen Einschränkungen sind für die Bewertung hilfreich.

Das Antragsverfahren beim Versorgungsamt

Der Antrag wird beim örtlich zuständigen Versorgungsamt gestellt (schriftlich, online oder persönlich). Es empfiehlt sich, von Anfang an alle relevanten Unterlagen beizulegen. Häufig erfolgt die Einholung eines amtsärztlichen Gutachtens, falls die Unterlagen unklar sind.

Die Bearbeitungsdauer beträgt meist drei bis sechs Monate, kann aber in Einzelfällen – insbesondere bei Nachfragen oder Gutachten – länger sein. Der Bescheid enthält die Feststellung des GdB und gegebenenfalls die Zuerkennung eines Merkzeichens. Es sollte geprüft werden, ob nur die Versteifung oder auch zusätzliche Beeinträchtigungen korrekt abgebildet sind.

Rechtsmittel bei unzureichender Bewertung

Sofern der GdB zu niedrig angesetzt wird oder der Antrag abgelehnt wird, kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des Bescheids Widerspruch eingelegt werden. Im Widerspruchsverfahren können weitere Dokumente und ärztliche Berichte nachgereicht werden. Die Überprüfung des Bescheids kann zu einer höheren, aber auch zu einer niedrigeren Bewertung führen. Sollte auch der Widerspruch abgelehnt werden, ist der Klageweg vor dem Sozialgericht eröffnet. Das gerichtliche Verfahren ist kostenfrei; ein Anwalt kann, muss aber nicht beauftragt werden.

In meiner Praxis als Fachanwalt für Sozialrecht begleite ich seit über 10 Jahren Mandanten in derartigen Verfahren und kann Ihnen bei der erfolgreichen Durchsetzung Ihrer Ansprüche helfen. Die Erfolgsquote bei professionell begleiteten Widerspruchs- und Klageverfahren liegt deutlich höher als bei eigenständig geführten Verfahren.

Praktische Tipps für Betroffene

  • Sorgfältig alle ärztlichen Unterlagen der letzten zwei Jahre sammeln.
  • Aktuelle Röntgenaufnahmen und detaillierte orthopädische Befundberichte beifügen.
  • Ein Beschwerdetagebuch und eine Übersicht aller Hilfsmittelverordnungen führen.
  • Den behandelnden Arzt gezielt über das Verfahren informieren und um laienverständlich formulierte Stellungnahmen bitten.
  • Bei Unklarheiten den Erläuterungsanspruch gegenüber Ärzten und Behörden nutzen.

Aktuelle Entwicklungen im Schwerbehindertenrecht

Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze werden in unregelmäßigen Abständen an neueste medizinische und sozialrechtliche Erkenntnisse angepasst. Beispielsweise findet inzwischen eine stärkere Berücksichtigung chronischer Schmerzen und deren Auswirkungen auf die alltägliche Teilhabe statt. Die Digitalisierung beschleunigt zudem das Antrags- und Bearbeitungsverfahren.

Checkliste für die Antragstellung

  • Alle medizinischen Unterlagen der letzten zwei Jahre (Untersuchungen, Befunde, Arztbriefe)
  • Aktuelle Röntgenbilder des betroffenen Fußes (max. 6 Monate alt)
  • Ausführlicher orthopädischer Befundbericht
  • Dokumentation der täglichen Einschränkungen und Führung eines Schmerztagebuchs (mind. 4 Wochen)
  • Nachweise über benötigte Hilfsmittel (Rezepte, Kostenvoranschläge)
  • Kopien aller Unterlagen für die eigenen Akten
  • Antrag vollständig mit allen Anlagen stellen und Eingangsdatum dokumentieren

Ausblick

Die Versteifung des Großzehengrundgelenks ist weit mehr als ein lokal begrenztes Problem, sondern kann die Lebensqualität und Mobilität grundlegend beeinträchtigen. Die Feststellung eines angemessenen GdB bietet häufig notwendige Nachteilsausgleiche – allerdings nur ab den definierten Schwellenwerten und bei gut belegter Funktionsbeeinträchtigung. Eine sorgfältige Vorbereitung und professionelle Begleitung des Verfahrens sind zentral für den Erfolg im Umgang mit dem Versorgungsamt.

Als spezialisierte Kanzlei für Sozialrecht unterstützt Rechtsanwalt Alexander Grotha Sie dabei, Ihre Ansprüche erfolgreich durchzusetzen und die Ihnen zustehenden Leistungen zu erhalten.

Häufig gestellte Fragen

Wie hoch ist der GdB bei einer Versteifung des Großzehengrundgelenks?

Nach den aktuellen Bewertungskriterien der Versorgungsmedizinischen Grundsätze beträgt der GdB für eine isolierte Versteifung meist zwischen 0 und 10 – abhängig von der Stellung des Gelenks und dem Ausmaß der Funktionseinschränkung. Ein höherer GdB ist nur bei zusätzlichen erheblichen Gesundheitsstörungen zu erwarten. Ein Einzel-GdB von lediglich 10 kann sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB auswirken.

Kann ich auch bei teilweiser Bewegungseinschränkung einen GdB erhalten?

Ja, auch erhebliche Bewegungseinschränkungen ohne vollständige Versteifung können einen GdB rechtfertigen. Über die konkrete Höhe entscheidet der Grad der Alltagsbeeinträchtigung.

Ab welchem GdB entstehen Nachteilsausgleiche?

Sozialrechtliche Nachteilsausgleiche entstehen ab GdB 30 oder 40 durch arbeitsrechtliche Gleichstellung auf Antrag, falls das Arbeitsverhältnis gefährdet ist. Ab einem GdB von 50 besteht Anspruch auf den Schwerbehindertenausweis, umfassenden Kündigungsschutz und weitere sozialrechtliche Vorteile. Steuerliche Pauschbeträge nach § 33b EStG gibt es bereits ab GdB 20; die Pauschbetragshöhe steigt mit dem GdB. Viele Merkzeichen setzen einen GdB von mindestens 50 und spezifische zusätzliche Voraussetzungen voraus.

Wie lange dauert das Verfahren beim Versorgungsamt?

Die Bearbeitungszeit beträgt meist drei bis sechs Monate, in Einzelfällen auch länger.

Was tun bei Verschlechterung des Gesundheitszustands?

Ein Verschlechterungsantrag ist jederzeit möglich, relevante medizinische Befunde zur Dokumentation der Verschlechterung sind erforderlich.

Sind mit dem Verfahren Kosten verbunden?

Das Verfahren beim Versorgungsamt ist kostenfrei; Kosten fallen nur für private (ergänzende) Gutachten oder die Einschaltung eines Rechtsanwalts an.

Grad der Behinderung bei Versteifung des Großzehengrundgelenks: Ihre Rechte und Möglichkeiten