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Warum der Grad der Behinderung 60 wichtig ist

Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 60 stehen an einer besonderen Schwelle im deutschen Schwerbehindertenrecht. Die Anerkennung eines GdB von 60 ist mehr als nur eine formale Feststellung. Sie öffnet die Tür zu konkreten finanziellen Entlastungen, beruflichen Schutzmaßnahmen und gesellschaftlicher Teilhabe. Viele Betroffene sind sich jedoch nicht bewusst, welche umfangreichen Rechte ihnen zustehen oder wie sie diese erfolgreich geltend machen können.

In der Praxis erlebe ich immer wieder, dass Menschen mit einem GdB von 60 ihre Ansprüche nicht vollständig ausschöpfen, weil ihnen das nötige Wissen fehlt oder sie vor bürokratischen Hürden zurückschrecken. 

Rechtliche Grundlagen des Schwerbehindertenrechts

Das Sozialgesetzbuch IX als zentrale Rechtsquelle

Die rechtlichen Grundlagen für Vergünstigungen bei einem GdB von 60 finden sich primär im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX), das die Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen regelt. Besonders relevant sind die §§ 152 ff. SGB IX, die die Feststellung der Behinderung und des Grades der Behinderung beschreiben.

Arbeitsrechtliche Schutzbestimmungen

Das Arbeitsrecht bietet Menschen mit einem GdB von 60 besonderen Schutz durch verschiedene Gesetze. Das Neunte Buch Sozialgesetzbuch in Verbindung mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) stellt sicher, dass Benachteiligungen aufgrund der Behinderung vermieden werden.

Steuerliche Vergünstigungen bei GdB 60

Behinderten-Pauschbetrag: Ihr wichtigster Steuervorteil

Der wichtigste steuerliche Vorteil bei einem GdB von 60 ist der Behinderten-Pauschbetrag nach § 33b EStG. Dieser Betrag wird automatisch vom zu versteuernden Einkommen abgezogen, ohne dass Sie einzelne behinderungsbedingte Aufwendungen nachweisen müssen.

Der Pauschbetrag deckt typische behinderungsbedingte Mehraufwendungen ab, wie etwa erhöhte Kosten für Medikamente, spezielle Hilfsmittel oder häufigere Arztbesuche. Sie können den Pauschbetrag auch dann in Anspruch nehmen, wenn Ihre tatsächlichen Aufwendungen geringer sind.

Wahlrecht zwischen Pauschbetrag und Einzelnachweis

Eine wichtige strategische Entscheidung ist die Wahl zwischen dem Pauschbetrag und dem Einzelnachweis Ihrer behinderungsbedingten Aufwendungen. In der Praxis empfiehlt sich eine sorgfältige Dokumentation aller behinderungsbedingten Aufwendungen über das gesamte Jahr. Erst zum Jahresende können Sie dann entscheiden, welche Variante für Sie günstiger ist.

Übertragung des Pauschbetrags

Ein oft übersehener Vorteil ist die Möglichkeit der Übertragung des Pauschbetrags. Wenn Sie selbst nicht genügend Einkommen haben, um den vollen Pauschbetrag zu nutzen, können Ihre Eltern oder Ihr Ehepartner den nicht genutzten Teil übernehmen. Dies gilt allerdings nur, wenn bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschritten werden.

Berufliche Schutzrechte und Vergünstigungen

Besonderer Kündigungsschutz 

Menschen mit einem GdB von 60 gelten als schwerbehindert und verfügen somit über wichtige arbeitsrechtliche Schutzrechte, insbesondere den besonderen Kündigungsschutz nach § 168 SGB IX.

Der besondere Kündigungsschutz bedeutet, dass eine Kündigung nur mit Zustimmung des Integrationsamtes wirksam ist. Dies gilt sowohl für ordentliche als auch für außerordentliche Kündigungen und bietet erhebliche Rechtssicherheit im Arbeitsverhältnis.

Zusätzlicher Urlaubsanspruch

Nach der Gleichstellung haben Sie Anspruch auf fünf zusätzliche Urlaubstage pro Jahr. Dieser Anspruch entsteht automatisch und muss nicht gesondert beantragt werden. Bei Teilzeitbeschäftigung wird der Zusatzurlaub entsprechend gekürzt.

Freistellung von Mehrarbeit

Menschen mit einem GdB von 60 können nicht zur Mehrarbeit verpflichtet werden. Sie haben das Recht, Überstunden abzulehnen, soweit diese über die normale Arbeitszeit hinausgehen.

Vergünstigungen im öffentlichen Verkehr

Vergünstigungen im Nahverkehr

Je nach Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis können sich bei einem GdB von 60 verschiedene Vergünstigungen im öffentlichen Nahverkehr ergeben. Wichtig ist hierbei, dass nicht der GdB allein entscheidend ist, sondern die zusätzlich festgestellten Merkzeichen.

Ermäßigungen bei der Deutschen Bahn

Viele Menschen mit einem GdB von 60 erhalten Ermäßigungen bei der Deutschen Bahn, insbesondere wenn zusätzliche Merkzeichen vorliegen. 

Praktische Tipps für Betroffene

Dokumentation ist entscheidend

Führen Sie eine systematische Dokumentation aller behinderungsbedingten Aufwendungen. Dazu gehören nicht nur direkte Kosten wie Medikamente oder Hilfsmittel, sondern auch indirekte Kosten wie häufigere Fahrten zu Ärzten oder spezielle Ernährungskosten.

Eine strukturierte Dokumentation hilft nicht nur bei der Steuererklärung, sondern auch bei eventuellen Neufeststellungsverfahren oder Widersprüchen gegen Behördenentscheidungen.

Regelmäßige Überprüfung der Ansprüche

Das Schwerbehindertenrecht ist einem ständigen Wandel unterworfen. Neue Gesetze, Verordnungen und Rechtsprechung können zusätzliche Ansprüche begründen oder bestehende Rechte erweitern.

Überprüfen Sie daher regelmäßig, ob sich neue Möglichkeiten ergeben haben. Dies gilt insbesondere nach Änderungen Ihrer gesundheitlichen Situation oder bei beruflichen Veränderungen.

Frühzeitige Antragstellung

Viele Vergünstigungen wirken nur für die Zukunft, nicht rückwirkend. Stellen Sie daher Anträge auf Gleichstellung, Wohngeld oder andere Leistungen so früh wie möglich. Auch wenn ein Antrag zunächst abgelehnt wird, sichern Sie sich durch die frühzeitige Antragstellung den frühestmöglichen Leistungsbeginn für den Fall eines erfolgreichen Widerspruchs.

Professionelle Unterstützung nutzen

Scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Die Beantragung und Durchsetzung von Rechten im Schwerbehindertenrecht kann komplex sein und erfordert oft spezielle Kenntnisse.

Eine qualifizierte Beratung kann nicht nur Zeit sparen, sondern auch dazu beitragen, dass Sie alle Ihnen zustehenden Leistungen erhalten. Die Kosten für eine solche Beratung amortisieren sich oft durch die zusätzlich erlangten Vorteile.

Checkliste: Ihre Rechte bei GdB 60 optimal nutzen

Steuerliche Vergünstigungen:

  • Behinderten-Pauschbetrag beantragen
  • Prüfen, ob Einzelnachweis der Aufwendungen günstiger ist
  • Übertragungsmöglichkeiten des Pauschbetrags an Angehörige prüfen
  • Alle behinderungsbedingten Kosten systematisch dokumentieren

Berufliche Rechte:

  • Antrag auf Gleichstellung bei der Bundesagentur für Arbeit stellen
  • Besonderen Kündigungsschutz geltend machen
  • Zusätzlichen Urlaubsanspruch durchsetzen
  • Recht auf Freistellung von Mehrarbeit nutzen

Weitere Vergünstigungen:

  • Mögliche Verkehrsvergünstigungen bei entsprechenden Merkzeichen nutzen
  • Ermäßigungen bei verschiedenen Dienstleistern erfragen
  • Regelmäßige Überprüfung auf neue Ansprüche

Verfahrensführung:

  • Alle Bescheide und Korrespondenz sorgfältig aufbewahren
  • Widerspruchsfristen beachten
  • Bei Ablehnungen qualifizierte Beratung suchen
  • Anträge frühzeitig stellen

Ihre Rechte konsequent durchsetzen

Ein Grad der Behinderung von 60 eröffnet Ihnen zahlreiche Möglichkeiten für finanzielle Entlastungen und berufliche Schutzrechte. Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der konsequenten und sachkundigen Geltendmachung Ihrer Ansprüche.

Lassen Sie sich nicht von bürokratischen Hürden abschrecken. Die Ihnen zustehenden Vergünstigungen sind nicht nur finanzielle Vorteile, sondern wichtige Instrumente gesellschaftlicher Teilhabe und Gleichstellung.

Die Rechtslage entwickelt sich kontinuierlich weiter, meist zugunsten von Menschen mit Behinderungen. Es lohnt sich daher, regelmäßig zu prüfen, ob neue Ansprüche entstanden sind oder bestehende Rechte erweitert wurden.

Bei komplexen Sachverhalten oder wenn Sie Unterstützung bei der Durchsetzung Ihrer Rechte benötigen, stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung. Gemeinsam können wir sicherstellen, dass Sie alle Ihnen zustehenden Vorteile erhalten.

Häufig gestellte Fragen

Welche steuerlichen Vorteile habe ich bei einem GdB von 60? 

Bei einem GdB von 60 steht Ihnen ein Behinderten-Pauschbetrag zu. Dieser wird automatisch von Ihrem zu versteuernden Einkommen abgezogen. Alternativ können Sie Ihre tatsächlichen behinderungsbedingten Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend machen, wenn diese höher sind.

Habe ich Anspruch auf zusätzlichen Urlaub? 

Ja, mit einem GdB von 60 gelten Sie als schwerbehindert. Somit erhalten Sie zusätzliche Urlaubstage pro Jahr.

Welche Vergünstigungen gibt es im öffentlichen Verkehr? 

Die Vergünstigungen im öffentlichen Verkehr hängen nicht allein vom GdB ab, sondern von zusätzlichen Merkzeichen. Informieren Sie sich bei Ihrem örtlichen Verkehrsverbund über mögliche Ermäßigungen.

Wann sollte ich einen Verschlechterungsantrag stellen? 

Einen Verschlechterungsantrag sollten Sie stellen, wenn sich Ihr Gesundheitszustand dauerhaft verschlechtert hat. Dies kann zu einem höheren GdB oder zusätzlichen Merkzeichen führen. Die Chancen und Risiken (auch eine Herabstufung des GdB ist möglich) sollten immer sorgfältig abgewogen werden.

Welche Unterlagen benötige ich für die Beantragung von Vergünstigungen? 

Je nach Vergünstigung werden unterschiedliche Unterlagen benötigt. Grundsätzlich sollten Sie immer Ihren Schwerbehindertenausweis, ärztliche Unterlagen und gegebenenfalls Nachweise über Ihre berufliche Situation bereithalten.

Was passiert, wenn mein Antrag abgelehnt wird? 

Bei einer Ablehnung haben Sie die Möglichkeit, innerhalb eines Monats Widerspruch einzulegen. Lassen Sie sich bei der Begründung des Widerspruchs professionell beraten, um Ihre Erfolgsaussichten zu verbessern.

5 weiterführende Links:

Rentenversicherung

Arbeitsförderung

Bürgergeld

Krankenversicherung

Ablauf eines sozialrechtlichen Verfahrens

Grad der Behinderung 60: Vergünstigungen